Partizipation kann in formellen oder informellen Verfahren erfolgen. Formale Beteiligungsverfahren sind gesetzlich geregelt und verpflichtend durchzuführen. Sie definieren genau, wer sich beteiligen darf, welche Rechte bestehen, wie das Verfahren abläuft und was mit den Ergebnissen geschieht. Beispiele sind Umweltverträglichkeitsprüfungen, Naturschutzverfahren oder Planungsverfahren für Flächenwidmungspläne. Die Entscheidungen erfolgen durch behördlichen Bescheid. Informale Beteiligungsverfahren hingegen beruhen auf Freiwilligkeit und dem Prinzip der gemeinsamen Aufgabenbearbeitung. Sie sind flexibel und anlassbezogen gestaltbar. Wer beteiligt ist, welche Methoden genutzt werden und welche Spielregeln gelten, wird im Vorfeld festgelegt oder gemeinsam ausgehandelt. Typische Beispiele sind Bürger:innenforen, Workshops, Zukunftswerkstätten, Reallabore oder Online-Konsultationen. Die erarbeiteten Lösungen haben meist empfehlenden Charakter und dienen der Entscheidungsvorbereitung für politische Gremien – können durch politische Beschlüsse aber auch verbindlich werden (BMKÖS, 2023).
Auch Partizipation kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Das Spektrum von Beteiligung reicht von reiner Information bis hin zur vollständigen Selbstorganisation. Die sogenannte Partizipationsleiter (in anderen Kontexten auch als „Partizipationspyramide“ dargestellt) macht diese Abstufungen sichtbar: Während auf den unteren Stufen noch keine echte Mitbestimmung stattfindet – etwa bei reiner Informationsweitergabe oder symbolischer Einbindung – steigt mit jeder Stufe der Grad an Einfluss und Selbstbestimmung. Ab der Ebene der Mitwirkung sind Betroffene aktiv in Prozesse eingebunden, auch wenn sie noch nicht selbst entscheiden. Teilhabe mit Entscheidungskompetenz, Entscheidungsmacht und schließlich Selbstorganisation markieren den Übergang zu echter, tiefgreifender Partizipation, in der Menschen nicht nur gehört werden, sondern Prozesse aktiv mitgestalten oder sogar eigenverantwortlich übernehmen. Diese differenzierte Betrachtung ist zentral, um Beteiligung nicht nur als Schlagwort zu verwenden, sondern bewusst und wirkungsvoll zu gestalten.

Quelle: Arnstein, 1969
Instrumente zur Konzeption von Partizipation spielen eine zentrale Rolle in der Planung und Umsetzung partizipativer Prozesse. Sie dienen dazu, Beteiligung systematisch zu gestalten, Zielgruppen einzubinden und Entscheidungsprozesse transparent und nachvollziehbar zu machen. Durch den gezielten Einsatz solcher Instrumente können unterschiedliche Interessen frühzeitig berücksichtigt und tragfähige Lösungen entwickelt werden. Besonders in Bereichen wie der Stadtentwicklung, der Politik, der Sozialen Arbeit oder dem Bildungswesen ermöglichen sie eine aktive Mitgestaltung durch Bürgerinnen und Bürger sowie andere relevante Akteure. Gut konzipierte Partizipationsinstrumente fördern nicht nur die Akzeptanz getroffener Entscheidungen, sondern auch das Vertrauen in demokratische Prozesse und Institutionen. Dabei ist die Auswahl der passenden Methoden und Formate entscheidend für den Erfolg eines Beteiligungsverfahrens.
Praxisleitfaden: Partizipation im Digitalen Zeitalter
Der Praxisleitfaden Partizipation im Digitalen Zeitalter, herausgegeben vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS, 2023), bietet eine praxisnahe und systematische Orientierung für die Konzeption und Umsetzung moderner Beteiligungsprozesse in der öffentlichen Verwaltung. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Partizipation unter den Bedingungen der Digitalisierung sinnvoll, inklusiv und wirksam gestaltet werden kann. Der Leitfaden beleuchtet zentrale Prinzipien gelingender Beteiligung, zeigt rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen auf und stellt konkrete digitale und hybride Beteiligungsformate vor. Dabei wird besonderes Augenmerk auf Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Diversität und Qualitätssicherung gelegt. Ziel ist es, Verwaltungsmitarbeiter:innen dabei zu unterstützen, Beteiligungsprozesse strategisch zu planen, passende digitale Werkzeuge auszuwählen und die Beteiligungskultur nachhaltig zu stärken. Der Leitfaden versteht sich als praktisches Arbeitsinstrument für die Umsetzung partizipativer Vorhaben im digitalen Zeitalter.
Standards der Bürger:innenbeteiligung
Die Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung (Bundeskanzleramt & Lebensministerium, 2008, S. 7 – 14) sind ein zentrales Instrument zur Sicherung von Qualität, Transparenz und Wirkung öffentlicher Beteiligungsprozesse. Sie dienen sowohl als Leistungsstandards für Verwaltung und Politik, um Bürger:innen und Interessensgruppen effektiv in Entscheidungsprozesse einzubinden, als auch als Qualitätsmaßstab, an dem Beteiligte das Verwaltungshandeln messen können. Ergänzend zu den gesetzlichen Bestimmungen geben sie Empfehlungen für gute Praxis und bieten praktische Orientierung bei der Konzeption, Durchführung und Evaluierung von Beteiligungsprozessen. Die Anwendung wird insbesondere empfohlen, wenn Themen breite Bevölkerungsgruppen betreffen, potenziell kontrovers diskutiert werden, Zusammenarbeit erforderlich ist oder qualitativ hochwertige und akzeptierte Ergebnisse angestrebt werden.
Die Standards sind in drei Hauptbereiche gegliedert:
1. Standards zur Vorbereitung des Beteiligungsprozesses (V)
Diese Phase legt das Fundament für ein erfolgreiches Beteiligungsverfahren. Sie umfasst:
- Klärung von Zielen, Rahmenbedingungen, Einflussmöglichkeiten und Zielgruppen (V1–V4),
- Definition der Beteiligungsintensität (Information, Konsultation, Kooperation) und Auswahl geeigneter Methoden (V5–V6),
- Sicherstellung professioneller Prozessbegleitung und klarer Zeit- und Ablaufplanung (V7–V9),
- Bereitstellung ausgewogener Informationsgrundlagen und Erstellung eines Beteiligungskonzepts (V10–V11),
- Abstimmung mit politischen Verantwortlichen und deren Unterstützung sowie Verpflichtung zur Berücksichtigung der Beteiligungsergebnisse (V12–V13).
2. Standards zur Durchführung des Beteiligungsprozesses
Diese Phase unterscheidet drei Formen:
a) Informative Beteiligung (I)
- Vermittlung ausgewogener, verständlicher und zielgruppenspezifischer Informationen (I1–I4),
- Sicherstellung von Barrierefreiheit und Zugang zu weiterführenden Quellen (I5–I6),
- Nachvollziehbare Begründung von Entscheidungen (I7).
b) Konsultative Beteiligung (S)
- Frühzeitige Ankündigung des Konsultationsprozesses und gezielte Kontaktaufnahme (S1–S2),
- Erstellung verständlicher und transparenter Konsultationsunterlagen mit klaren Fragestellungen, Zielen und Rahmenbedingungen (S3–S10),
- Definition der Stellungnahmeverfahren und Bereitstellung fachlicher Ansprechpartner (S11–S13),
- Festlegung angemessener Fristen, transparente Veröffentlichung und Nachvollziehbarkeit des Umgangs mit Stellungnahmen (S14–S25).
c) Kooperative Beteiligung (K)
- Anpassung der gewählten Methoden an Aufgabe, Zielgruppe und Ressourcen (K1–K3),
- Anerkennung des Engagements der Beteiligten und klare Entscheidungsmodi (K4–K5),
- Sicherstellung fairer Moderation, Verbindlichkeit innerhalb der Arbeitsgruppe und Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit (K6–K9).
3. Standards zu Monitoring und Evaluierung (M)
Diese Phase stellt sicher, dass Beteiligungsprozesse nachhaltig wirken:
- Dokumentation der Umsetzungsfortschritte und Erfahrungen (M1–M2),
- Überprüfung der Zielerreichung des Beteiligungsprozesses (M3),
- Einbindung der Öffentlichkeit auch in die Nachverfolgung (M4).
Die Standards sind jeweils als Fragelisten formuliert, die individuell auf jeden Beteiligungsprozess angewendet und beantwortet werden sollten. Dies ermöglicht nicht nur eine strukturierte Planung, sondern auch eine transparente Reflexion und Bewertung der Qualität der Beteiligung. Werden einzelne Fragen nicht erfüllt, sollten die Abweichungen plausibel dokumentiert und begründet werden. So fördern die Standards Vertrauen, Nachvollziehbarkeit und eine stärkere Legitimität öffentlicher Entscheidungen.
CLEAR-Modell
Das CLEAR-Modell von Lowndes et al. (2006) bietet eine hilfreiche Orientierung für alle, die im Bereich staatlicher oder kommunaler Beteiligung tätig sind – sei es in der Verwaltung, in öffentlichen Einrichtungen oder in der lokalen Politik. Es versteht sich als unterstützendes Instrument, das dabei hilft, die Bedingungen für gelingende Partizipation besser zu verstehen und strukturell zu fördern.
Das Modell geht davon aus, dass Beteiligung dann besonders wirksam ist, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: Can betont, dass Menschen über das nötige Wissen und die Kompetenzen verfügen sollten, um sich aktiv einbringen zu können. Like verweist darauf, dass Beteiligung auch Motivation braucht – Menschen beteiligen sich vor allem dann, wenn sie einen persönlichen Bezug zum Thema haben und das Gefühl, etwas bewirken zu können. Enabled hebt hervor, dass Beteiligungsangebote zugänglich und möglichst barrierefrei gestaltet sein sollten. Asked erinnert daran, dass Beteiligung nicht immer von selbst geschieht – sie entsteht oft erst, wenn Menschen gezielt angesprochen und in ihrer Rolle als Expert:innen ihres Lebensumfelds ernst genommen werden. Und Responded schließlich unterstreicht die Bedeutung von Rückmeldungen: Beteiligung entfaltet ihre Wirkung vor allem dann, wenn die Rückkopplung transparent ist und Anliegen sichtbar in Entscheidungsprozesse einfließen.
Insgesamt kann das CLEAR-Modell als Reflexionshilfe dienen, um bestehende Beteiligungsstrukturen weiterzuentwickeln und eine Kultur der offenen Mitgestaltung auf unterschiedlichen staatlichen Ebenen zu fördern.
Entscheidungsbaum des Policy Cycle
Politische Entscheidungsprozesse verlaufen in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen, wie sie im Konzept des Policy Cycle beschrieben werden. Dieses Modell gliedert politische Prozesse in typische Schritte – von der Problemdefinition über die Analyse, Formulierung und Entscheidung bis hin zur Umsetzung und Evaluation. Die hier dargestellte Struktur orientiert sich an diesem Zyklus und ermöglicht eine systematische Einordnung, in welcher Phase sich ein konkreter politisch-administrativer Prozess aktuell befindet. Anhand gezielter Fragen lässt sich erkennen, ob bereits eine Problemlage identifiziert wurde, ob Analysen vorliegen, Maßnahmen formuliert wurden oder ob bereits Entscheidungen umgesetzt und evaluiert werden. Dadurch bietet das Modell eine hilfreiche Grundlage zur Auswahl geeigneter Instrumente für Partizipation in jeder Phase des Policy Cycle und unterstützt so eine zielgerichtete und wirksame Bürgerbeteiligung.

Quelle: Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, 2023
Entscheidungshilfe zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Entwicklung von Politiken, Plänen, Programmen und Rechtsakten
Die Entscheidungshilfe zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Entwicklung von Politiken, Plänen, Programmen und Rechtsakten unterstützt Verantwortliche in Verwaltungen und öffentlichen Institutionen dabei, fundiert abzuwägen, ob und in welchem Umfang eine Öffentlichkeitsbeteiligung sinnvoll ist. Anhand eines klar strukturierten Fragenpfads werden zentrale Kriterien geprüft – darunter rechtliche Verpflichtungen, politisches Commitment, Betroffenheit und Interesse der Öffentlichkeit, bestehender Gestaltungsspielraum sowie verfügbare Ressourcen. Ergänzend werden qualitative Aspekte wie Kontroversität, Relevanz für die Umsetzung und die Bedeutung von Akzeptanz und Vertrauen berücksichtigt
Für Mitarbeiter:innen im öffentlichen Dienst bietet das Instrument eine wertvolle Orientierungshilfe in der täglichen Praxis. Es erleichtert die strukturierte Vorbereitung von Beteiligungsvorhaben, schafft Klarheit über erforderliche Rahmenbedingungen und hilft dabei, mögliche Stolpersteine frühzeitig zu erkennen. Zudem kann es als Argumentationsgrundlage gegenüber Entscheidungsträger:innen dienen, um Beteiligung frühzeitig und strategisch im Prozess zu verankern. So unterstützt das Instrument nicht nur bei der Entscheidung ob Beteiligung stattfinden soll, sondern auch dabei, wie sie sinnvoll gestaltet werden kann.

Disclaimer: Der Text und die Grafiken wurden mit Unterstützung künstlicher Intelligenz erstellt. Die Inhalte basieren auf menschlicher Konzeption und wurden durch KI-gestützte Tools bei der Ausarbeitung und Visualisierung ergänzt.
Quellenverzeichnis
Arnstein, S. R. (1969). A ladder of citizen participation. Journal of the American Institute of Planners, 35(4), 216–224. https://doi.org/10.1080/01944366908977225
Bundeskanzleramt & Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. (2008). Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung: Empfehlungen für die gute Praxis. https://oeffentlicherdienst.gv.at/wp-content/uploads/2023/02/Standards_der_Oeffentlichkeitsbeteiligung_2008.pdf
BMKÖS. (2023). Praxisleitfaden: Partizipation im digitalen Zeitalter. https://oeffentlicherdienst.gv.at/wp-content/uploads/2024/01/Praxisleitfaden-Partizipation-im-digitalen-Zeitalter_A4.pdf
Lowndes, V., Pratchett, L., & Stoker, G. (2006). Diagnosing and remedying the failings of official participation schemes: The CLEAR framework. Social Policy and Society, 5(2), 281–291.
Wright, M. T., Block, M., & von Unger, H. (2007). Partizipation in der Gesundheitsförderung: Möglichkeiten und
Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an:
Bundeskanzleramt
Abteilung III/9 – Strategisches Performancemanagement und Verwaltungsinnovation
E-Mail: partizipation@bka.gv.at